Es ist fast schon Tradition dass die Tettnanger Hopfenpflanzer kurz vor der Hopfenernte zu ihrer jährlichen Hopfenlehrfahrt aufbrechen. Aus Anlass des Internationalen Hopfenkongresses mit 150 Teilnehmern aus 13 Nationen in der Hallertau – er fand zum ersten Mal seit 19 Jahren wieder in Deutschland statt – hatte der Verband die Hallertau als Ziel gewählt. An diesem Tag fand beim Kongress auch der Pflanzertag statt. Mit an Bord natürlich auch die Tettnanger Hopfenhoheiten – sozusagen auf der Zielgerade ihrer Amtszeit.
Bereits auf der Fahrt in Deutschlands größtes Hopfenanbaugebiet konnte Geschäftsführer Jürgen Weishaupt seine mitgereisten Hopfenpflanzer mit ersten Zahlen vom Kongress über die etwa 15 bis 20 Prozent reduzierten Ertragsschätzungen informieren. Die anhaltende Trockenheit macht der Branche in diesem Jahr insgesamt zu schaffen.
In der Hallertau angekommen stand am Vormittag der Besuch zweier Betriebe auf dem Programm. Der erste Betrieb der Familie Eisenmann in Ampertshausen war ein Mischbetrieb der neben dem Hopfenanbau auch Schweinemast und Ackerbau betreibt. In der Hallertau scheint alles etwas größer. Die neue Erntehalle hat in der Grundfläche sicher Fussballfeldausmaße. Im Betrieb werden die Hopfenanlagen auch teilweise bewässert was lt. Eisenmann aber keine messbaren Ertragsverbesserungen bringt. Der eigentliche Stress für die Pflanzen sei wohl die Hitze – der Klimawandel lässt grüßen.
Eine ganz andere Struktur hatte der zweite Betrieb in Ratzenhofen in der nördlichen Hallertau. Im Betrieb der Familie Zierer ist ein Hopfenbetrieb mit einer Schloss-Gastronomie gepaart. Auch hier wieder eine riesige Produktionshalle die aus Platz- und Schallschutzgründen auf die grüne Wiese ausgesiedelt wurde. Die eingebaute Hopfenerntemaschine war eine alte Bekannte eines Pflanzers aus Untereisenbach – er hatte sie hierher verkauft. Bemerkenswert an diesem Betrieb auch die Steigerung der Anbaufläche: Seit 2001 konnte er seine Hopfenanbaufläche durch Übernahme von frei werdenden Flächen von 7 ha auf 56 ha steigern. Exkursionen können recht anstrengend sein – die echt bayrische Mahlzeit mit Schweinsbraten, Kraut und Knödel im Biergarten der Zierers war längst überfällig und sehr willkommen.
Der Nachmittag begann zunächst theoretisch. Beim Besuch des Hopfenforschungszentrums in Hüll wurden die Besucher über die Systematik der Hopfenforschung , über die aktuelle Situation und spezielle Probleme informiert. Das Land Bayern investiert hier über die Landesanstalt für Landwirtschaft jährlich ca. 1,8 Mio Euro in die Forschung. In Hüll arbeiten Frau Dr. Seigner und Herr Lutz mit Unterstützung des Landes Baden-Württemberg und des Hopfenpflanzerverbandes Tettnang seit 2011 u. a. an einem Züchtungsprojekt das die Sorte Tettnanger bis zum Jahr 2016 noch leistungsfähiger und noch wettbewerbsfähiger machen soll. Mit beteiligt an diesem Projekt ist auch das Hopfenversuchsfeld in Straß bei Prestenberg. Generelle Problematik der Hopfenforscher: Die klassische Züchtungsarbeit der Forscher läuft normalerweise in einem Zeitrahmen von ca. 12 Jahren ab – in unserer schnelllebigen Zeit eine halbe Ewigkeit da der Markt - und in diesem Fall die Brauereien - immer schneller auf Kundenwünsche und Trends reagieren wollen und dazu auch entsprechendes Hopfenmaterial brauchen. Waren die Brauer früher auf klassisches Hopfenmaterial aus so werden heute eher die Besonderheiten gesucht. Auch der zunehmende Craft-Bier Markt wirkt sich hier aus.
Aus Anlass des Internationalen Hopfenkongresses fand am Pflanzertag in Wolnzach auch eine Landmaschinen- und Technikausstellung statt. Gelegenheit für die Teilnehmer sich über den aktuellen Stand der Landmaschinentechnik im Hopfenanbau zu informieren. Großes Hallo auf dem Ausstellungsplatz als die Besucher hier ihren Vorsitzenden Wolfgang Ruther trafen. Er nahm am Internationalen Hopfenkongress teil.
Beim abschließenden bayrischen Abend in der Festhalle Wolnzach war dann Gelegenheit die Eindrücke der Tagesetappen noch einmal Revue passieren zu lassen, alte Bekannte und auch die örtlichen Hopfenhoheiten zu treffen – auch das Endprodukt des Hopfen – hier ein Bier aus München – konnte zum Ausklang verkostet werden. Auf der Heimfahrt wurde noch viel diskutiert - eine Hopfenlehrfahrt die sicher noch lange in Erinnerung bleiben wird.
© Copyright 31. Juli 2015 H. Neidhardt